Lieferketten überdenken und neu ausrichten
Puzzleteile aus China, Feinmechanik aus der Lombardei, Lamm aus Neuseeland… Egal ob Spielzeughersteller, Baumaschinenkonzern oder Einzelhandel: Globale Lieferketten sind heute in vielen Branchen Stand der Technik. Doch hat Corona die Schwächen solcher Versorgungssysteme schonungslos aufgedeckt. Man kennt das vom Domino: Wenn ein Stein fällt, fällt die ganze Reihe. Robust sind diese Gebilde nicht.
Die zugrunde liegende Sourcing-Strategie der Unternehmen basiert auf dem weltweiten Kostengefälle bei Ressourcen und der daraus resultierenden Suche nach so genannten „Best-Cost-Countries“. Dabei war und ist der Blick – nicht nur, aber in erster Linie – auf die Arbeitskosten gerichtet. Das mag mit Blick auf die wichtigsten Kostentreiber industrieller Wertschöpfung seine Berechtigung haben, zwingend ist die Argumentation jedoch nicht mehr. Zunehmend erweisen sich nämlich die Versorgungsrisiken und die steigenden Logistikkosten als ausschlaggebend.
In der Tat hat die Fokussierung auf althergebrachte Standortfaktoren (Lohnkosten, Energie, Unternehmenssteuern) zu manchen Fehlentwicklungen in Produktionsnetzwerken geführt. Bekannt ist der „Teiletourismus“ zwischen Zulieferwerken der Automobilindustrie, die sich über mehrere Kontinente verteilen. Da braucht es dann keine Pandemie mehr, um die Endkunden zu verärgern. Wer monatelang auf sein bestelltes Fahrzeug warten muss, weil dieses aus Gründen mangelnder Qualität irgendwo in Übersee parkt, wird beim nächsten Autokauf durchaus an einen Markenwechsel denken.
Qualität ist ein Thema, Logistik ein anderes. In der Vergangenheit war man teilweise versucht, die hier entstehenden Kosten kleinzurechnen und andere Faktorkosten stärker zu betonen. Das wird in Zeiten steigender Energie- und Treibstoffpreise kaum noch gelingen – und diese Zeiten werden unweigerlich kommen. Wenn man echte Kostentransparenz anstrebt, muss man die Transportkosten ebenso den verursachenden Produkten zurechnen wie die Kosten für „Rettungseinsätze“ durch hochrangige Manager oder ganze Task Forces. Verkürzt kann man davon sprechen, dass die Beschaffungs- und Versorgungssysteme aus dem Gleichgewicht geraten sind. Zeit, eine neue Balance zu finden. Indem man die richtigen strategischen Hebel betätigt.
Jede Strategie beginnt beim Kunden, auch die Beschaffungsstrategie. Dabei spielen neben den „technischen“ Leistungsdaten wie der Liefertreue zunehmend die Differenzierungsmerkmale der Marke eine Rolle. Pauschal gesagt definieren sich Produkte „Made in Germany“ hauptsächlich über Kriterien wie Zuverlässigkeit, hohe technische Reife und eine exzellente Anmutungsqualität (Komfort). Längst haben diese Maßstäbe Eingang in die Gestaltung der Entwicklungs- und Produktionsprozesse der führenden Hersteller gefunden. Zeit, dass sie auch bei der Gestaltung der Lieferkette Berücksichtigung finden.
Einen Lösungsansatz bietet das so genannte Strategieprogramm. Eine ganzheitliche und ausgewogene Strategie orientiert sich an technischer Effizienz und kundenseitiger Effektivität gleichermaßen – im Unternehmen selbst und bei der Gestaltung der Lieferketten.
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